Helmut Rahn

 
 
 
   
 

 

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Helmut Rahn
(*16.08.1929 +14.08.2003):


Alter 1954: 24

Beruf: Autoelektriker.

Charakter: Helmut war ein Draufgänger und Lebemann, ein Verrückter, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, immer genau das zu tun, was Niemand sonst zu tun wagte. Für ihn schien das Leben ein Spiel zu sein. Auf dem Spielfeld wie außerhalb.Helmut war auch die Inkarnation einer Stimmungskanone. Er fiel unter einer Hundertschaft von Leuten auf, erzählte mit lauter Stimme, wobei weniger wichtig war, was er erzählte als wie er es erzählte. Was immer er dabei tat - er tat es anders als die Anderen. Als Alleinunterhalter war er ein Anarchist. Seine Einfälle überrumpelten, übertrumpften einander. Sie konnten auf Kosten Anderer gehen, waren dabei aber nie wirklich verletzend. Helmut war im Zweifelsfalle derjenige, der die Hand zur Versöhnung reichte, wenn sich sein Umfeld als humorlos entpuppte.

Deutsche Mannschaft: In 40 A-Länderspielen zwischen 1951 und 1960 gelangen ihm 21 Tore, davon vier in den vier WM-Spielen in der Schweiz und sechs weitere in den sechs Turnierspielen 1958 in Schweden. In seinem einzigen B-Länderspiel (1957) erzielte er weitere zwei Tore.

Ehrungen: Silberlorbeer 1954.Goldene Ehrennadel des Westdeutschen Fußballverbandes.

Familie: Helmuts Vater, ein Bergmann, gründete nach 35 Jahren unter Tage ein Fuhrunternehmen. Von vier Söhnen verlor er einen auf den Schlachtfeldern Europas. Helmut, der Drittgeborene, erhielt aufgrund des Krieges nur eine ungenügende Schulbildung.Helmut heiratete 1953 die Verkäuferin Gerti. Ihr erster Sohn Uwe kam im WM-Jahr zur Welt, der zweite wurde auf den Namen Klaus getauft.

Größe/Gewicht 1954: 1,78 groß und 76 kg schwer.

Hobbys: Gartenarbeit.

International: Mit Rot-Weiss Essen startete Rahn im April 1954 auf eine mehrwöchige Südamerikatour, die ein unvergessliches Erlebnis bildete und einige Kapitel in seiner Autobiografie ausmachte. Unter anderem bot man ihm 150.000 Mark, ein eingerichtetes Geschäft und eine bezahlte Überfahrt für die Familie an im Falle eines sofortigen Vereinswechsels nach Buenos Aires. Unter der Maßgabe, den Fall in der Heimat mit seiner Frau zu besprechen, ließ man ihn ziehen. Was immer er darüber gedacht haben mag - als Sepp Herberger ihm telegrafierte, er solle sich am 24. Mai zum Trainingslager in Grünwald einfinden, musste Rahn nicht lange überlegen. Und brach die Reise ab.

Jobs: Machte kurze Erfahrungen auf der Zeche, wurde LKW-Beifahrer und lernte später Autoelektriker. Nach seiner Zeit als aktiver Fußballer betrieb er mit einem seiner Brüder zusammen einen Neu- und Gebrauchtwagenhandel und wurde später Repräsentant und Verkaufsleiter einer Entsorgungsfirma für Bauschutt.

Krieg: Drohendes Übergewicht schwebte wie ein Damoklesschwert sein Leben lang über ihm, was von seinem Eß- und Trinkverhalten begünstigt wurde. Die Jahre der Kinderlandverschickung während des Krieges in die Tschechoslowakei und nach Kaufbeuren hatten genügend Entbehrungen für ihn mit sich gebracht.

Leben: Helmut Rahn starb, wie es so schön heißt, nach langer, schwerer Krankheit.

Meisterschaften: Weltmeister 1954, Deutscher Pokalsieger 1953 und Deutscher Meister 1955 mit Rot-Weiss Essen.

Nummer WM 54: 12

Oberligamannschaft 1954: Rot-Weiss Essen.

Position: Als Fußballer (Rechtsaußenstürmer) ...

Qualitäten: war er kein begnadeter Techniker, sondern jemand, der von seiner Dynamik und seiner Impulsivität lebte. Obwohl Bundestrainer Herberger Angepasstheit und Kalkulierbarkeit bevorzugte und schon oft ungehorsame Spieler aus dem Kreis der Elite wieder ausgeladen hatte, sah er in Helmuts jugendlicher Sorglosigkeit und Risikobereitschaft eine Qualität. Es war Helmuts Spezialität, Tabus zu brechen. Darauf spekulierte Herberger schließlich, denn so etwas konnte in einem Fußballspiel das Quäntchen Vorteil gegenüber dem Gegner sein. Obwohl es ihm an Disziplin grundsätzlich mangelte - er sah ihre Notwendigkeit nicht ein.

Rufname: "Der Boss".

Spielführer in der Nationalelf: Herberger ließ ihn zwischen 1957 und 59 achtmal als Kapitän der Nationalelf auflaufen.

Ursprung: Im Essener Stadtteil Katernberg.

Vereine: 1938 begann sein Leben als Fußballer im Verein Altenessen 1912, 1946 wechselte er zum SC Oelde 1909, 1950 zu den Sportfreunden Katernberg. Für siebentausend Mark konnte Rot-Weiss Essen ein Jahr später die Konkurrenz von Schalke 04 ausbooten und sich Helmuts Dienste sichern. Bis 1959 und 90 Oberligaspiele lang sollte diese Verbindung bestehen bleiben, bis der 1. FC Köln und Rahns Mit-Weltmeister Hans Schäfer lockten. Nach der deutschen Vizemeisterschaft 1961 und einer Gesamtausbeute von 106 Toren in angeblichen 260 Oberliga-Spielen, folgte ein zweijähriges Intermezzo in Holland beim SC Enschede, bevor Helmut die Gründung der lang erwarteten Bundesliga im Trikot des Meidericher SV miterlebte (den man heute als MSV Duisburg kennt). Auch dank acht Rahn-Toren in 19 Spielen wurden die Meidericher deutscher Vizemeister, doch nach einer Achillessehenoperation war eine der wichtigsten deutschen Fußballerkarrieren Ende 1964 am Ende.

Wunden: Die Aufforderung "Helmut, erzähl mich dat Tor!", wurde zum geflügelten Wort und wird wahrscheinlich viele hundert Mal wiederholt worden sein. Helmut schilderte den Siegtreffer gegen die Ungarn routiniert und unnachahmlich, aber irgendwann muss es ihm gereicht haben. Er hatte genug, von den alten Geschichten, wollte nicht immer nur auf ein paar lang zurückliegende Sekunden reduziert werden und zog sich zurück, äußerte sich nicht mehr zu dem Thema.

XY: "Mein Hobby: Tore schießen" ist der Titel seiner 1959 erschienenen Autobiografie, für die der Sportjournalist Harald Landefeld als Ghostwriter fungierte. Wenngleich der Schreibstil sehr dem von Fritz Walter ähnelt (der Journalist Eberle von der Abendzeitung in München ging diesem zur Hand), so muss man doch wirklich dankbar für dieses Zeitdokument sein, denn in den letzten zwanzig, dreißig Jahren seines Lebens verlor Helmut Rahn das Interesse an seiner Vergangenheit. Er hörte einfach mit dem Erzählen auf und forderte sich sein Recht auf Privatsphäre zurück. Er hatte bereits Alles gesagt. Und vieles davon in diesem Buch.

Zimmer in Spiez: Nr. 303 mit Fritz Walter.





 

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