Albert Sing

 
 
 
   
 

 

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Albert Sing
(*07.04.1917 +06.09.2008)


"Der eiserne Albert" aus Eislingen, der in Herbergers Sinne das Geschick der Deutschen in der Schweiz lenkte, war ehemaliger deutscher Nationalspieler (neunmal von 1940 bis 42) und spielte als solcher pikanterweise schon 1942 an Fritz Walters Seite gegen die Ungarn. Man gewann 5:3, Fritz schoss zwei Tore und Sing auch eins. Auf dem Rückzug im März 45 vor den anrückenden Alliierten erlitt Sing zehn Bauchschüsse und landete für ein halbes Jahr in einem amerikanischen Lazarett. Danach hielt es ihn nicht mehr lange in Deutschland - er ging in die Schweiz und wurde vor allem Spielertrainer bei den Young Boys Bern, d.h., er war Spieler und Trainer in einer Person. Unter ihm erlebten die Berner ihre erfolgreichste Phase mit vier Schweizer Meisterschaften und drei Cupsiegen in 13 Jahren.

Für Sing war es eine Ehre, seinem Lehrer und Vorbild Herberger behilflich zu sein, dem er Gerüchten zufolge auch noch das Leben verdankte. So eruierte er für ihn bereits 1952 eventuelle Unterkünfte in der Schweiz und fand das Hotel Belvedere im beschaulichen Spiez. Seine Beziehungen zum Schweizer Fußballverband waren durch seine Erfolge so gut, dass der "Kicker" Sing den deutschen Fußballbegeisterten als Kontaktadresse für WM-Eintrittskarten anbot. Eigentlich selbstverständlich, sollte man meinen, dass ein verdientes Verbandsmitglied Vorteile erhielt, aber mit dem DFB sollte Sing gegensätzliche Erfahrungen machen. So legte er für die Deutschen in der Schweiz um die 3.000 Kilometer im eigenen PKW zurück, erhielt dafür aber weder eine Aufwandsentschädigung noch ein Dankeschön. Würden solche Unhöflichkeiten seitens des DFB über die Jahre nicht regelmäßig auftreten, könnte man meinen, Herberger hätte die Tatsache von Sings Hilfsbereitschaft für sich behalten. Denn obwohl sich Sing später rückblickend als "Herbergers Assistent" bezeichnete, startete dieser das Unternehmen Weltmeisterschaft in dem Selbstbewusstsein, er brauche keinen Assistenten. Ein Berliner Sportjournalist erinnerte sich, dass Herberger Niemanden neben sich duldete. Ein Zustand, die sich nach dem WM-Gewinn ändern sollte. Die Schultern nunmehr breit genug sollte sich Herberger ab 1958 sogar von mehreren Assistenten begleiten lassen. Helmut Schön, der 1954 noch die Saarelf betreute, konnte sich somit auf die Thronfolge vorbereiten. Nachdem Fritz Walter definitiv abgelehnt hatte, Herberger zu beerben, vergaß Herberger sogar seine angebliche Abneigung gegen Sachsen - Schön stammt aus Dresden.

Zurück zu Sing. Während der Zeit in Spiez war dieser neben Dassler für die Spieler "Mädchen für Alles". Wenn jemand Wünsche hatte wie Zeitungen, Postkarten, u.ä. war Sing als Ortskundiger und Besitzer eines Pkws die richtige Adresse. Er schlief entweder bei Herberger im Zimmer oder, wenn dieser bis spät in die Nacht arbeitete, bei Dassler. Nur war er häufig aushäusig, denn seine Hauptaufgabe war die, sichere oder mögliche Gegner zu beobachten und zu studieren. Sowohl beim Spiel im Stadion als auch beim Training oder im Hotel. Bezüglich der Ungarn besaß Sing dabei einen unschätzbaren Vorteil. Er war dieser Mannschaft durch ein Freundschaftsspiel, mit dem das Wankdorfstadion gerade eingeweiht worden war, bekannt (Young Boys Bern gegen Ungarn 0:9). Man hatte sich beim abschließenden Bankett gut verstanden und schätzte einander. Und schließlich konnte Sing auch den Ungarn kleinere Gefälligkeiten erweisen. Sie hätten es jedenfalls kaum gewagt, ihn als möglichen Spion der Deutschen auf Distanz zu halten, und letztendlich nahmen die Ungarn die Deutschen ja auch nicht sonderlich ernst. So konnte sich Sing also jederzeit über Puskas' Gesundheitszustand erkundigen und dabei auch aktuelle Entwicklungen und Stimmungen unter den Ungarn heraushören.

"Herberger fragte mich nicht um Rat, er wusste selber genau, was er tun musste", erläuterte Sing später seine Assistentenfunktion. Aber dank seines Sachverstandes ermöglichte Sing es Herberger, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein. Und er tat noch mehr: Sing öffnete Türen. Als "Hausherr" des Berner Wankdorfstadions verriet er Herberger die Vor- und Nachteile des Ortes, sicherte den Deutschen die glückbringende Umkleidekabine der Gastgeber (indem er ihnen den Kabinenschlüssel schon vorher zusteckte), organisierte auch den Schlüssel für die unter der Tribüne gelegene Turnhalle, in der sich die Spieler während des Regens vor dem Endspiel aufwärmen konnten und hätte sogar, falls dieser Regen den Rasen nicht auf natürliche Weise nass, rutschig und damit für Fritz Walter in paradiesischen Zustand versetzte, für Herberger die Besprenkelungsanlage aktiviert, obwohl das natürlich eine gröbere Manipulation bedeutet hätte. Hier verhielt sich Sing wie so viele von Herbergers Verehrern: er handelte eifrig und bemüht, seinem "Chef" zu gefallen. Er hinterfragte nicht. Wenn der "Chef" das so für richtig hielt, war es gut. Oder, wie Horst Eckel später sagte: "Mit Herberger konnte man nicht geteilter Meinung sein. Er war der Chef. Er hatte recht."

Sing zog später ins Tessin, heiratete, züchtete Rosen und genoss die Natur, wanderte und angelte. Und immer wieder betreute er Mannschaften, bis er dafür definitiv zu alt war.




 

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